Italien ist ein buntes, fröhliches, mitunter leicht chaotisches Weinland – genau wie die Italiener selbst. Wein gehört hier zusammen mit Brot und Olivenöl zu den Zutaten eines jeden Mahls. In sämtlichen Regionen des Stiefels wachsen Reben. Das Land zählt 690'000 Hektar Rebfläche und balgt sich jährlich mit Frankreich um die Position des weltgrössten Erzeugers und des weltgrössten Exporteurs.
Das Friaul pflegt autochthone Rebsorten und ist bekannt für delikate Grappe.
Protagonisten der Marken: die weisse Verdicchio- und die rote Montepulciano-Traube.
Typisch für diese sonnenverwöhnte Insel sind uralte autochthone Sorten wie Vermentino.
Ein wahres Eldorado für Entdecker: Einheimisches und Internationales gedeiht bestens.
Das eher kühle Klima in Südtirol ergibt fruchtige Weisse und duftige Rote – salute!
Eine Region, die sich vor allem dank der Teroldego-Traube im Aufschwung befindet.
Die italienische Rebkultur nahm ihren Ursprung in Sizilien. Die Griechen, welche 735 vor Christus dort landeten, pflanzten die ersten Stöcke. Von dort aus verbreitete sich der Weinbau aufs Festland. Bereits im dritten Jahrhundert vor Christus war ganz Italien mit Reben bewachsen, von der Po-Ebene im Norden bis nach Kampanien im Süden. Mit der Blüte der Stadt Rom und der Entwicklung der römischen Handelsrouten prosperierte auch der Weinmarkt.
Eine zweite Blütezeit – nach dem Zerfall des römischen Reiches und der darauffolgenden Unruhe – brachte das Hochmittelalter. Zwischen 1100 und 1500 verdoppelte sich die Bevölkerung Italiens auf schätzungsweise neun Millionen Menschen. Reiche Familien zogen vom Land in die florierenden Städte und verdienten dort ein Vermögen – so etwa die Bankdynastie Antinori oder die handeltreibenden Frescobaldi. Einen Teil des Geldes legten sie in Rebland an, welches gegen einen Prozentsatz der Ernte von Bauern bewirtschaftet wurde.
Schon im Mittelalter exportierten die Italiener ihre Tropfen. Italien bildete damals keine politische Einheit, es herrschten unterschiedliche Währungen, Zollgrenzen und andere Handelsbeschränkungen. Vom 16. bis 18. Jahrhundert waren ausserdem grosse Teile des Stiefels fremdbeherrscht durch Spanien, Frankreich und Österreich. So war es fast leichter, Wein in die Schweiz oder nach Deutschland, nach Spanien oder England zu verschiffen – je nachdem, welcher Macht man gerade unterstellt war. Und im Ausland wurden die Gewächse des Stiefels sehr geschätzt.
Die Rede war indes nicht von denselben Weinen wie heute. Barbera und Barbaresco etwa waren süsse Tropfen. Viele Weissweine wurden auf den Schalen vergoren – quasi eine frühe Form des heute wieder angesagten «Orange Wine».
1861 wurde das Königreich Italien ausgerufen. Einheit und Selbstbestimmung sorgten für wirtschaftliches Wachstum. Gleichzeitig musste sich Italien nach Jahrhunderten der Fremdbestimmung selber definieren. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg erreichte man endlich politische und ökonomische Stabilität.
Auch die italienischen Winzer brauchten Zeit, sich zu finden. Einerseits verfügen sie über einen enormen Schatz autochthoner Trauben. Andererseits griffen sie nach der Reblauskrise und den Weltkriegen bevorzugt auf internationale Rebsorten zurück. Traditionell wurden italienische Weine in grossen Holzfässern ausgebaut, doch in den 1980er- und 1990er-Jahren ging plötzlich nichts mehr ohne neue Barriques. Nach einer Phase der Extreme ist das Resultat heute eine ungeheuer vielfältige Weinlandschaft sowie die Besinnung auf die ureigene Weintradition.
Der italienische Stiefel misst von Norden nach Süden rund 1200 Kilometer. Von den schneebedeckten Gipfeln der Alpen bis zum feurigen Sizilien finden Reben hier die unterschiedlichsten Terroirs. Die meistangebaute Rotweintraube des Landes ist der Sangiovese. Man kennt ihn als Hauptzutat der drei grossen Gewächse der Toskana: Chianti, Brunello di Montalcino und Vino Nobile di Montepulciano. Im warmen toskanischen Süden, der Maremma, fühlen sich hingegen Bordeaux-Sorten wie Cabernet Sauvignon oder Merlot wohl. Dieses Weingebiet machte ab den 1970er Jahren mit den sogenannten «Supertuscans» Furore – Weinen aus eben jenen französischen Trauben, welche damals noch nicht offiziell zugelassen waren. Namen wie Sassicaia und Ornellaia bringen Weinfreunde heute noch ins Schwärmen.
Im Norden des Landes beeindruckt das Piemont mit den charakterstarken Spitzenweinen Barolo und Barberesco, gekeltert aus der Nebbiolo-Traube. Aus dem Veneto stammen der opulente Amarone sowie der prickelnde Publikumsliebling Prosecco. Schaumwein nach Champagner-Art wird in den Anbaugebieten Franciacorta in der Lombardei sowie im Trentodoc produziert, und die besten stillen Weissweine wachsen im Friaul: Friulano heisst die dort ansässige Traube.
Süditalien feiert zurzeit ein Revival alter einheimischer Sorten. Aus Kampanien, Heimat der Ruinen von Pompei und des noch aktiven Vesuv, kommen der ungeheuer lagerfähige rote Aglianico sowie der weisse Greco di Tufo. Letzterer verdankt seinen Namen und sein Aroma dem vulkanischen Tuffgestein, auf dem er wächst. Apulien feiert seit einigen Jahren Erfolge mit samtigem, trinkigem Primitivo. Und Sizilien macht sich – erstaunlich, aber wahr – zurzeit einen Ruf mit autochthonen Weissweintrauben wie Catarratto oder Inzolia.
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