Das ligurische Weinhaus, das die Renaissance der weissen Rebsorte Pigato ermöglichte.
Ligurien ist geformt wie ein Croissant. Der 350 Kilometer lange Küstenstrich beginnt an Italiens Grenze zu Frankreich und endet an der Toskana. Es ist ein raues, unwegsames Terrain. Die Apenninen-Ausläufer reichen hinunter bis ans Mittelmeer. Vielerorts stürzen sich die Berge regelrecht ins Meer. Weinbau bedeutet hier Schwerstarbeit. Das Anbaugebiet zählt zu den kleinsten des Landes, die Parzellen sind winzig. Fast 4000 Winzer teilen sich 1500 Hektar Rebfläche. Das erzeugte Volumen reicht kaum, um den Durst von Einheimischen und Sommergästen zu stillen. Dass ligurische Weine den Weg ins Ausland finden, ist die absolute Ausnahme.
Die bekannteste Anbauzone des Weingebiets Ligurien ist zweifellos Cinque Terre. Fünf Dörfer, mit dem Auto kaum erreichbar, nesteln sich trutzig zwischen Fels und Wasser. Dahinter steigen die Rebterrassen steil gen Himmel, gestützt von traditionellen Trockensteinmauern. Jede kleinste Arbeit muss hier von Hand ausgeführt werden, im Sommer noch dazu unter der gleissenden Sonne, welche die Hänge aufheizt.
Einst an der Kreuzung der Handelsrouten zwischen Italien, Frankreich und Spanien gelegen, verfügt die Weinregion Ligurien über einen Schatz alter Rebsorten, die im Laufe der Jahrhunderte dort heimisch wurden. Über 100 sind es angeblich, doch viele sind vom Aussterben bedroht. Bis heute aber hat eine lokale Variante des Vermentino überlebt: der Pigato. Er bringt kräuterwürzige, jodige, fast schon salzige Weissweine hervor – man meint geradezu, die Meeresbrise zu schmecken. Auch für den Fassausbau eignet er sich und lohnt ihn mit lagerfähigen Tropfen. Die Retter des Pigato heissen Rossana Zappa und Roberto Tozzi vom Weingut Vis Amoris. Seit 2004 haben die beiden eine verlassene Parzelle nach der anderen wiederbelebt. Die meisten Lagen hatten über 30 Jahre lang brachgelegen.
Rote Spezialitäten der Weinregion Ligurien sind der Rossese, ein leichter, aber dennoch alterungsfähiger Tropfen, der mit seiner weichen Fülle bestens zu Fisch passt, sowie der süssfruchtige, jung zu geniessende Rotwein Ormeasco, identisch mit dem Dolcetto des Piemont. Wer die Gelegenheit hat, sollte es nicht verpassen, den seltenen Sciacchetrà zu kosten, den traditionellen Süsswein von Cinque Terre aus rosinierten Trauben, welcher aus denselben Sorten gekeltert wird wie viele trockene Exemplare: Bosco, Albarola und Vermentino.
Der Teller Liguriens Kulinarik ist vom Meer bestimmt. Hier pflegt man die «Cucina del ritorno», die Küche der Rückkehr: einfache, erdverbundene Gerichte, nach welchen sich die Fischer und Seefahrer einst auf dem Meer sehnten. Dazu gehören zahlreiche Varianten der Torta salata, herzhaft gefüllte Pasteten, etwa mit Spinat und Ei (Torta pasqualina), Kräutern (Torta Marinara) oder den lokalen Artischocken (Torta di carciofi). Auch die Foccacia wurde hier erfunden. Man sagt, aufgrund der feuchten, salzigen Seeluft gehe das Brot hier nicht richtig auf. Also erfanden die Hausfrauen als Alternative den flachen Fladen, bestreut mit Salz und beträufelt mit Olivenöl.
Apropos: Das ligurische Olivenöl gehört zu den besten Italiens. Delikat und aromatisch, ist es der Star im Pesto alla genovese, dem Klassiker aus Kolumbus’ Geburtsstadt Genua, in welchem es sich mit Basilikum, Knoblauch, Pinienkernen und Käse vermählt. Ganz wichtig: Echtes Pesto wird nie im Mixer zubereitet, sondern immer per Hand im Mörser. Und dann wären da natürlich die ligurischen Fischspezialitäten. Vor allem «Pesci azzuri», sogenannt «blaue Fische» wie Sardinen, Thunfisch, Makrele oder Schwertfisch, kommen hier auf den Tisch. Fangfrisch angeliefert, werden sie nur Stunden später mit einem Glas Wein hinuntergespült.
keine
Cinque Terre e Cinque Terre Sciacchetrà, Colli di Luni, Colline di Levanto, Golfo del Tigullio-Portofino, Pornassio, Riviera Ligure di Ponente, Rosses di Dolceacqua, Val Polcèvera
Primaterra, Vis Amoris
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