Der Gentleman unter Tormarescas Roten beweist, dass Primitivo richtig schick sein kann. Ein Südländer mit Geschmack, geküsst von der Sonne, gewachsen an einem der spektakulärsten Küstenabschnitte des Alto Salento.
Es passierte einen Abend zuvor in einem Restaurant. Einem Italiener, was denn sonst. Unsere Begleiterin kam aus dem Schwärmen gar nicht mehr heraus, nachdem sie bei einem Teller Spaghetti Bekanntschaft mit dem Torcicoda gemacht hatte. Sein Charme steigt nicht nur ihr zu Kopf: Der Wine Spectator wählte Tormarescas Sonnenkönig unter seine Top 100, als ersten Primitivo.
Keep cool, choose Torcicoda!
Ein Geheimnis des Lokalhelden sind seine Wurzeln, die sich in den Boden einer Ecke der Provinz Brindisi schlingen, die aus dem Ferienkatalog ausgeschnitten scheint. Der Wein erzählt von verwunschenen Buchten, gerahmt von schroffem Kalk. Von dramatischen Felsklippen im Wechselspiel mit sich ans Meer schmiegenden Sandstreifen, dahinter Häuserzeilen, bunt wie die Palette eines Landschaftsmalers. Von der Urtümlichkeit des Alto Salento rund um Tormarescas Weingut Masseria Maìme nahe des Städtchens San Pietro Vernotico.
Hinzu kommt der kulturelle Hintergrund: Der Primitivo ist die Paradetraube Apuliens, vermutlich fand sie aus Kroatien den Weg über die Adria. Vor nicht allzu langer Zeit begleiteten die Weine frischvermählte Bräute als Teil der Mitgift ins Eheleben. Gleichzeitig ist Primitivo ein genüsslicher Sonnenanbeter. «Der Erstreifende», so der lateinische Ursprung des Namens, saugt wie ein Schwamm die Wärme apulischer Sommer auf, die von Ende April bis tief in den Oktober hinein dauern.
«Torcicoda» bezeichnet sowohl ein Werkzeug, mit dem Bauern einst ihre Pferde pflegten – eine Referenz an den starken Bezug zum Terroir – , als auch die sich windenden Triebe und Blätter der Ranke, die in der Region wegen ihres überschwänglichen Wachstums auch «Rebe der drei Ernten» heisst. «Für den Torcicoda lesen wir die Trauben leicht überreif und wählen nur die besten aus», versichert Tormarescas Brand-Manager Vito Palumbo. 18 Monate schönheitsschläft der Jungwein in der Barrique, wobei der von roten Früchten und schwarzen Beeren dominierte Aromafächer zusätzliche Würze entwickelt. Da sind Tabak, Lakritze, süssliche Vanille … An den Gaumen kuschelt sich der südländische Verführer in seidig sanfter Zartheit und offenbart eine von eleganten Tanninen gestützte Struktur.
Zu Tisch übrigens mag er kräftige Gesellschaft – eine saftige Tranche medium-rare gebratenes Fleisch zum Beispiel, oder eben eine rassig gewürzte Pasta – jener Kombination, der ja bereits unsere Tischgefährtin hoffnungslos verfallen ist …