Seit dem Erlöschen der Weihnachtslichter wird es wieder dunkel, kaum ist es endlich richtig hell. Schön gibt es unsere Bars, welche mangelndes Vitamin D kompensieren mit Momenten, die glücklich machen – auch alkoholfreien.
Zwischen Flaschenhälsen und Schüttelbechern entsteht grosses Kino: Beim Cosmopolitan gerüchtekücheln Carrie und Samantha über Männer, Sex & the City. Agent 007 schwört auf den geschüttelt-nicht-gerührten Dry Martini, der grosse Lebowski kippt den White Russian in die Frühstücks-Cornflakes und Hardrock-Haudegen Lemmy Kilmister putzte sich die Zähne mit Jack Daniel’s. Angeblich. Nach Ernest Hemingway ist sogar ein Rum-Cocktail benannt!
Ein Schluck Stadtgeschichte
Hemingways Schriftstellerkollege Max Frisch fand Inspiration während seiner Zürcher Jahre oftmals am Boden eines Glases im Terrasse. Das ehemalige Cabaret blickt auf eine ähnlich lange Historie zurück wie das Fraumünster. Also, fast. Zwischen Bellevue und Hechtplatz lässt die Zwinglistadt an der Hyde Bar den Tag aus- oder die Nacht anklingen oder harrt in der River Bar dem Lauf der Dinge (und der Limmat). Von den Aussentischen schweift der Blick in die nicht ganz so fernen Glarner Alpen …
Südalpines Flair anderseits im Più Europaallee: Da, wo es einst Pizza zum Mitnehmen gab, finden Sie nun Weine zum Dableiben. In der Bar Vino wird der Feierabend flugs zur Feier, wie eben so üblich beim Aperitivo alla napoletana. Sowieso berühmt (und berüchtigt) für ausgedehntes Nachtleben ist die nahe Langstrasse. Den Puls fühlen wir der Zürcher Ausgehmeile in der Bank. Und wippen dazu mit dem Bein zum smoothen Beat urbaner Loungeklänge.
Einen aufs «Annabäbäli»
Begegnungen der obskuren Art erwarten uns im Gewölbe des Berner Kornhauskellers. Präzise: in der Bar auf der Galerie des «Chübu». Die Kreationen der mit kunstvoll-morbiden Aquarellen illustrierten Karte sind an mal mehr mal weniger schauerliche Mythen angelehnt: «Dälläbach», «Häxäbäsä», «Annabäbäli» …
Schon fast ein Berner Mythos für sich ist das Lorenzini, das statt in die Bundesstadt genauso auf irgendeine Piazza zwischen Como und Brindisi passen würde. Den schnellen Espresso am Morgen servieren wir dort genauso stilsicher wie eiswürfelgekühlte Apéro-Evergreens von Manhattan bis Negroni, die Früchte aus den Rebgärten des «bel paese», plus eine multifruchtige Auswahl an nullprozentigen Mocktails.
Für das People-Watching zieht es uns in die Vinoteca am Kornhausplatz. Während wir dem bunten Treiben der Hauptstädter zuschauen, nippen wir an einem Geheimtipp des Sommeliers und stimmen uns auf die Vorstellung im Stadttheater nebenan ein.
Kurs auf Süden
In die italoklassische Kerbe schlägt auch das Barbatti – eine Innerschweizer Institution. Tutto Luzern schätzt den Umtrunk vor dem Mahl, respektive danach, respektive beim Boxenstopp über den Durst. Ein Argument um länger zu bleiben: die südländisch warmherzige Willkommenskultur, gerade während kalter Winterabenden.
Winterthur gibt sich hingegen mondän, auch im Frühling und seit gefühlten Urzeiten: Das weit über die Grenzen der grössten Schweizer Kleinstadt bekannte Traditionslokal National umweht neben dem Duft der marktfrischen Küche ein Hauch zeitlose Grandezza. Und falls das Fernweh aufkommt, beflügelt vom Americano oder dem Cuba Libre: Der Bahnhof ist nur ein paar Schritte entfernt. Und der Flughafen eine einzige Intercity-Haltestelle weiter …